Zentralkalifornien und Las Vegas (13.09. - 29.09.2016)
Der Yosemite Nationalpark wird von den Besuchern im Normalfall von San Francisco oder Los Angeles her angefahren. Wir wählen mal wieder (eigentlich wie immer...) den Hintereingang über den Tioga Pass. Es lohnt sich! Das Hochtal wird rundherum von vielen kahlen und runden Granitgipfeln dominiert. Der Blick reicht hinunter bis zum Yosemite Valley und wir sehen schon von Weitem den Half Dome und El Capitan. Trotz vorbeiziehender Gewitter und kühlen Temperaturen (der Wetterbericht hatte für die Nacht eigentlich Schnee angesagt) wandern wir zum May Lake. Das ganze Tioga Tal eignet sich toll zum Wandern und ist der wenig besuchte Teil von Yosemite.
Der erste Eindruck im Yosemite Valley ist dann nicht so toll. Die Parkorganisation wirkt von den vielen Besuchern völlig überfordert. Das Tal ist eng, der Platz beschränkt, vielleicht sollte man sich mal überlegen die Besucherzahlen auch zu beschränken. Gleichzeitig wird an den Strassen gebaut und niemand weiss so recht, wo man durchkommt, was erreichbar ist und wo man irgendwelche Infos erhält. Beim Shuttlebus wurden die Linien geändert, aber vergessen die Haltestellentafeln und Informationstafeln auszuwechseln, was zu lustigen Situationen führt. Wir vertrauen einfach unserem Instinkt, finden nach einigen Anläufen sogar das Visitor Center (das hatte sich sehr gut versteckt) und die Ausgangspunkte unserer Wanderungen.
Der zweite Eindruck ist dann toll. Auf unserer Wanderung auf dem Yosemite Falls Trail sehen wir die trockenen Yosemite Falls und haben einen tollen Ausblick auf das Valley mit den herauf ragenden Felswänden. Wir beobachten Kletterer, die oft Tage brauchen um den El Capitan zu bezwingen und fahren hoch zum Glacier Point. Im Vergleich zu den bisherigen Parks sind wir hier auf den Wanderwegen nicht alleine. Viele Menschen kommen hierher um wie wir die Wanderschuhe zu schnüren und raus in die freie Natur zu laufen. Ok, manch gesichtetes Exemplar Wanderschuhe passt besser auf die Strandpromenade, als ins Gebirge, aber wir wollen ja mal nicht so kleinlich sein...
Spektakulär ist die Fahrt in den Kings Canyon vor allem im National Forest vor dem eigentlichen Nationalpark. Die Strasse windet sich den Canyonwänden entlang in die Tiefe und Rhino meistert die Kurven mit Bravour! Der Nationalpark selbst ist mehr ein Ausgangspunkt für Tageswanderungen und mehrtägige Routen. So könnte von hier aus in einer Woche der Mount Wittney, den höchsten Berg in den USA (ausser Alaska) erreicht werden. Die Saison ist vorbei. Es hat nur wenige Besucher, das Visitor Center ist nur am Wochenende offen und ab Mitte September sogar ganz geschlossen. Uns gefällt es hier. Es hat tolle Wasserfälle, der Canyon fasziniert und wir finden tolle Übernachtungsplätze mit Ausblick auf die Sierra Nevada im National Forest.
Schon die Redwoods im Norden Kaliforniens hatten uns begeistert. Die Sequoias stellen aber noch einmal alles in den Schatten. Der Wald mit den Sequoias ist nicht so dicht und düster wie in den Redwoods. Wir sehen darum mehr von den Bäumen und merken auch, dass die Sonne scheint. Die riesigen Mammutbäume sind zwar nicht ganz so hoch wie die Redwoods, ihr Alter bis zu 3000 Jahren und die Baumstämme mit ihren riesigen Durchmessern lassen uns nur staunen. Als Jungbäume wachsen die Sequoias sehr schnell in eine Höhe von über 80 m. Dann stoppen sie das Wachstum in die Höhe und werden von Jahr zu Jahr nur noch dicker, bis zu einem Umfang von über 30 m. Es ist schwierig die Dimensionen eines einzelnen Baumes wirklich zu verstehen. Mit dem Holz des grössten Sequoias (1487 m3) könnte man eine Strecke von 190 km mit Brettern von 2.5*30 cm Stärke belegen.
Besonders gefallen hat uns der General Grant Grove Trail und der Congress Trail. Beim Big Stump Trail staunen wir über die riesigen Überreste der Bäume, die hier noch im 19. Jahrhundert gefällt wurden. Auch bei der Wanderung zum Moro Rock sehen wir noch einmal viele Sequoias und können uns nach einigem hin und her sogar auf einen Rückweg einigen. Das mit den Himmelsrichtungen ist im Wald manchmal nicht so einfach, und den Kompass hatten wir natürlich nicht dabei... Die Strasse durch den Park und den gleichnamigen National Forest ist kurvenreich. Wir sind halt in der Sierra Nevada. Die Fahrt aus dem Park heraus haben wir dann zeitlich prompt unterschätzt und geben nach 3 Stunden Rhino-hin-und-her-schaukeln auf. Dafür stehen wir seit längerem wieder einmal nicht im Wald und sehen einen tollen Sternenhimmel mit einer Milchstrasse zum anfassen.
In der Ebene Zentralkaliforniens fahren wir durch Zitrusplantagen ohne Ende. Bald biegen wir aber wieder ab und fahren via Lake Isabella noch einmal über die Sierra Nevada von West nach Ost. Zum ersten mal sehen wir Joshua Trees als wir "hinter" der Sierra in die Wüste reinfahren.
In Lone Pine füllen wir bei Rhino alle Tanks bis oben voll, kaufen im Visitor Center noch eine offroad-taugliche Karte und dann geht es los ins Death Valley. Der Hintereingang heisst diesmal auch so: durch das Hidden Valley steuern wir in einer Tages-Etappe den Race Track an. Den ganzen Tag sehen wir nur 3 Fahrzeuge und haben die Natur für uns alleine! Die Wüste im Death Valley Nationalpark hat uns von der ersten Stunde im Griff. Am Race Track staunen wir über die wandernden Steine, die bei Frost vom Wind über die gefrorene Ebene getrieben werden und ihre Spuren im Lehm hinterlassen. (Nachtrag: nur Tage später müssen wir erfahren, dass irgendwelche Idioten mit ihrem Fahrzeug über die Race Track Playa gefahren sind und dabei einige der Steinspuren beschädigt haben. Einfach nur schade!)
Der Ubehebe Crater begrüsst uns mit seinen vielen Farben und im Titus Canyon wird die Piste immer enger, bis Rhino nur noch knapp zwischen den Felswänden hindurch passt. OK, ganz so eng wars nicht, aber schön. Zum Schluss "spuckt" uns der Canyon wieder in die grosse Fläche des Death Valley und wir glauben fast nicht, dass wir ein paar Meter vorher noch tief in einem Canyon gefahren sind. Auch das Standard Programm für Park Besucher mit Mesquite Dunes, Golden Canyon, Artists Drive, Natural Bridge, Devils Golf Course, Zabriskie Point und natürlich Bad Water lassen wir nicht aus. Alles gefällt uns. Bei Bad Water erreichen wir nicht nur den tiefsten Punkt der USA (-86.5 m.ü.M.) sondern auch den tiefsten Punkt unserer Reise. Vom Dantes View sehen wir bei eisigen Temparaturen, ausgerüstet mit Daunenjacke und Wollmütze die Sonne über dem Death Valley aufgehen. Das Death Valley ist einer der wenigen Nationalparks, der wildes campen mit dem Fahrzeug zulässt. Man muss sich einfach mindestens 1 Meile von befestigten Strassen entfernen, was für uns ja kein Problem ist. Wir finden tolle Plätze und geniessen die Sicht auf den klaren Sternenhimmel in der Wüste. In der zweiten Nacht kommt aber plötzlich starker Wind auf. Ab 4 Uhr morgens ist an Schlaf nicht mehr zu denken. Zwar haben wir das Fahrzeug am Abend schön in der Windrichtung ausgerichtet, bei jedem Windstoss schüttelt es Rhino aber so richtig durch und die Zeltwände unseres Hubdachs flattern laut im Wind.
Mit den Temperaturen haben wir Glück. Mit 40 Grad Celsius am heissesten Tag kommen wir für das Death Valley gut weg, kann es hier doch auch zu dieser Jahreszeit bis 49 Grad heiss sein. Als wir in Richtung Bad Waters fahren, sehen wir plötzlich einen Landy mit CH-Nummernschild auf einem Parkplatz. Sergio reisst das Steuer herum und wir parken gleich vornedran. Wir lernen Elvira und Ruedi (www.guentisreisen.ch) kennen. Sie reisen auch von Norden nach Süden entlang der Panamericana. Wir plaudern, tauschen Erfahrungen aus ziehen dann eigentlich getrennt weiter. Allerdings sind unsere Ziele an diesem Tag ähnlich und so stehen immer wieder mal 2 Landys auf einem Platz und ziehen die Hobby-Fotografen an.
Noch ein Tip: Falls man sich nach einem mehrtägigen Aufenthalt im Death Valley mal wieder so richtig einweichen möchte: Auf dem Campground bei Tecopa Hotsprings zahlen wir 18$ für einen Stellplatz mit Tisch, Feuerstelle, WC's mit fliessen Wasser, und man kann gratis ein Bad in den Hotsprings nehmen und die Duschen benutzen. Es ist alles etwas alt und seltsam, aber sauber und gut geführt! Ach ja: Die Becken mit dem Zulauf aus den heissen Quellen sind für Weiblein und Männlein getrennt. Wir sind ja in den USA, da geht nackt baden nur unter Seinesgleichen ;-)
In Richtung Las Vegas wird die Landschaft immer farbiger. Wir wandern im Red Rock Canyon, fahren hinaus zum Hoover Dam und geniessen ruhige Tage am Lake Mead. Der Wasserstand ist bedenklich tief, so mussten in den letzten Jahren sogar Zugänge zu Seebuchten gesperrt werden, weil da gar kein See mehr ist! Den Abend verbringen wir mit Ulli, Magda und Monika am Feuer an unserem Tisch. Ulli fährt mit dem Fahrrad von Alaska nach Feuerland und die beiden Damen verbringen jedes Jahr 6 Monate in Nord- und Mittalamerika, wohnen aber eigentlich in Deutschland. Der Abend ist interessant, lustig und wir tauschen wiederum viele Reiseerfahrungen und Tipps aus.
Rhino hat Durst nach Scheibenwasser und Sergio füllt pflichtbewusst nach. Er kontrolliert auch gleich routinemässig alle anderen Flüssigkeiten, möchte dann die Motorhaube schliessen und ein kühles Bier nach getaner Arbeit geniessen. Die Motorhaube lässt sich aber nicht mehr schliessen... Einige Versuche mit Schraubenzieher und -schlüssel später scheint alles in bester Ordnung zu sein, die Haube schliesst aber immer noch nicht. Ein Seil sichert die Motorhabe provisorisch, das muss reichen. Das Problem löst dann der der Chef von "Auto Specialists" in Boulder City persönlich, als wir am nächsten Morgen dort vorfahren. Zu einfach: Es waren nur die 2 Distanzschrauben vorne an der Haube, die sich von den Rumpelpisten im Death Valley verstellt hatten... Sergio greift sich an den Kopf, wird verlegen und bedankt sich ganz artig bei Paul. Gekostet hat es nix, ausser dem Versprechen eine Postkarte zu senden, wenn wir dann mal wieder in der Schweiz zurück sind.
Es ist heiss. Im Vergleich zum Death Valley kühlt es hier auch in der Nacht nicht ab. Das Valley of Fire lässt aber die Hitze vergessen. Die Felszüge in roten, gelben, violetten und weissen Farbtönen lassen in uns die Vorfreude auf Utha noch grösser werden. Es sind zwar viele Las Vegas-Touristen unterwegs, aber unsere Strategie mit früh aufstehen und vor den Reisebussen bei den Hot-Spots sein geht auch hier auf.
Schon vor ein paar Wochen haben sich unsere Freunde Adelia und Gino bei uns gemeldet. Sie hätten für Ende September einen Flug nach Las Vegas gebucht. Wir warten mit einer Antwort ab, bis wir abschätzen können, wo wir in etwa wann sind. Und siehe da: Es passt! Auch wir buchen für 2 Nächte im Bellagio (manchmal muss man sich was gönnen!) und geniessen mit den Beiden Las Vegas. Es hat Spass gemacht, die Zeit zu Viert zu verbringen, besten Dank! Wir besuchen die grossen Casinos am Strip, nehmen immer wieder mal ein Apéro versuchen unser Glück an Spielautomaten und frönen dem kulinarischen Angebot. Auch die Show der Blue Man Group gefällt uns. Genial! Sergio war vor 5 Jahren schon einmal in Las Vegas und kennt die Stadt schon etwas, für Nadine ist alles neu. Beide sind wir der gleichen Meinung: Die Sin City muss man gesehen haben, 2 Tage sind aber definitiv genug und zum Glück sind wir danach wieder "on the road"!
Unsere Reise führt uns nun nach Utah, ins Offroad-Mekka Nordamerikas. Wir freuen uns und Rhino ist nach den 2 Tagen Erholung im Parkhaus des Bellagio ebenfalls voller Tatendrang!
publiziert am 03.10.2016