Vulkane und Seen im Sonnenschein (06.01. - 19.01.2018)
Unsere Erwartungen bei Wasserfällen halten sich ja jeweils stark in Grenzen. Der Salto de Laja, seines Zeichens der grösste Wasserfall Chiles, bestärkt uns in dieser Einstellung. Im Sommer fliessen leider nur ein paar Rinnsale über die Felsen und lassen das Ganze etwas mickrig wirken. So ist der Besuch eine kurze Sache und wir sind schon wieder unterwegs. Wir verlassen die Weinregion Chiles und schlagartig ändert sich die Vegetation. Wir fahren durch zig Kilometer Forstgebiet. Hier wird im Akkord aufgeforstet und geholzt. Nur eine Sorte Nadelholz wird gepflanzt. Mittendrin stehen Sägereien und auch gleich eine riesige Zellulosefabrik. Das nennt sich wohl Effizienz in der Holzindustrie. Unsere Route führt uns hoch in den Parque Nacional Laguna del Laja.
Die kurze Wanderung zu 2 Wasserfällen begeistert uns. Wir wandern über Vulkangestein, durch Nadelwald und zuletzt durch fast tropisch anmutendes Unterholz. Das ist Abwechslung pur! Das eigentliche Highlight ist aber der Fluss, der hier unterirdisch aus unzähligen Löchern hervorquellt. Die Laguna del Laja ist ein Vulkansee, der nach dem letzten Ausbruch vom Vulkan Antuco etwas weiter oben entstanden ist. Das Wasser sucht sich seinen Weg unterirdisch durch das Gestein und tritt hier unten wieder hervor. Es entstehen tolle Wasserfälle und viele kleine Bächlein. Oben an der Lagune finden wir einen tollen Übernachtungsplatz mit Blick aufs Wasser und die Bergwelt um uns herum. Im 2005 wurden hier 44 Soldaten und ihr Offizier von einem Schneesturm überrascht und starben in den Schneemassen. Ihnen zu Ehren wurde ein riesiges und eindrückliches Denkmal errichtet.
Wir legen zur Zeit viele Kilometer pro Tag zurück. Die Etappen zwischen den Sehenswürdigkeiten werden immer länger. So brauchen wir wieder einmal einen Ruhetag und finden im Suizandina eine super Gelegenheit. Das kleine Ressort hat schweizer Wurzeln und bietet ein gutes Restaurant, viel Natur und schöne Stellplätze mit guter Infrastruktur. Unverhofft fahren am 2. Tag unsere Freunde Cel und Dani vor. Wir geniessen ein gemeinsames Mittagessen, tauschen die letzten Neuigkeiten und Reisetratsch aus, bevor die Beiden gleich wieder weiterziehen.
Nach einem Spaziergang durch den Araukarien-Wald fahren wir hoch zum Volcán Lonquimay. Der Vulkan ist an Weihnachten 1988 ein letztes Mal ausgebrochen und so trägt der entstandenen Seitenkrater den passenden Namen "Crater Navidad". Auch heute noch wirken die ganze Asche und die erkalteten Lavasteine irgendwie frisch. Wir fahren über eine schwarze Sandpiste dem Hang entlang und staunen über die Skilifte, die hier am Vulkanhang stehen. Es ist uns rätselhaft, wie die Masten auf diesem beweglichen Untergrund überhaupt halten. Auch beeindrucken uns die Schneefelder, welche auf der schwarzen Lava beharrlich der Sonne trotzen. Rundherum blicken wir auf die Vulkane Mittelchiles, welche alle von Schneefelder gesäumt sind. Ja, wir sind ganz nahe am Schnee und das auf nicht einmal 1'800 Metern Höhe. Wir sind definitiv in einer anderen Klimazone angelangt!
Über Lonquimay und Rucahuco ziehen wir eine Schlaufe durch die Berge und das Mapuche-Gebiet. Die Flüsse sind blau, die Seen glitzern und immer wieder fahren wir durch Araukarien-Wälder. Die "Anden-Tanne" wird hier in verschiedenen Nationalparks besonders geschützt. So auch im Parque Nacional Conguillio, unserem nächsten Ziel. An der ersten Lagune holen uns Cel und Dani ein. Wir beschliessen, gemeinsam zur "Araucaria Madre Milenaria" zu wandern. Rhino lassen wir am einen Ende des Weges stehen und fahren mit Tico ans andere Ende. Die Wanderung führt uns durch dichten Wald dem Lago Conguillio entlang. Ob es sich beim angepeilten Baum nun wirklich um die grösste und älteste Araukarie handelt? Auf alle Fälle ist der Baum riesig und wird mit einem Alter von 1'800 Jahren angegeben. Zu viert quetschen wir uns in Rhino und erreichen Tico über die Holperpiste wieder. Gemeinsam finden wir einen Übernachtungsplatz an einem Fluss. Wir geniessen einen guten Risotto, stossen an auf einen gelungenen Reisetag an und lassen den Abend am Lagerfeuer ausklingen.
Die Seen Colico und Caburga leuchten blau und die Landschaft ist toll. Leider ist in dieser Region viel Land in privatem Besitz. So kommen wir fast nicht an die Seeufer heran. Nach wiederum vielen Kilometern erholen wir uns im Termal Ecologica Rio Blanco. Eine Thermalquelle speist hier einige natürliche Becken in einem abgelegenen Seitental. Der nette Besitzer zeigt uns sein ganzes Anwesen und für wenig Geld dürfen wir unter 2 grossen Bäumen die Nacht verbringen und natürlich in den warmen Becken baden. Wir schlafen aus. Der Platz bei der Therme ist sehr gemütlich. Irgendwie können wir uns nicht aus dieser Region lösen. Das Wetter ist bombastisch, die Temperaturen sind angenehm und die Natur einfach toll.
Das Gebiet ist geprägt von deutschen Einwanderern, so auch in Pucón. In einem Café essen wir "Kuchen de Manzana con Streusel" und kaufen in der "Panaderia Rostock" gutes Brot. Am Sonntag soll hier ein Ironman stattfinden und schon jetzt, Tage vorher, sind alle Strassen verstopft und die Athleten trainieren auf den Strassen rund um Pucón. Wir erfahren, dass am Sonntag alle Strasse grossräumig gesperrt sind und müssen darum unseren Plan etwas anpassen. Darin sind wir in der Zwischenzeit ja geübt.
Weil unser Rhino über einen 4x4 Antrieb verfügt, dürfen wir im Parque Nacional Huerquehue bis ganz nach hinten fahren und sparen uns so eine Stunde von der Wanderung zu den Lagunen. Auch so ist die Rundwanderung noch lange genug. 6 Stunden sind wir unterwegs. Unsere Schlaufe führt uns bis zuhinterst zur Laguna Huerquehue, vorbei an Wasserfällen sowie blauen und türkisfarbenen Lagunen. Die Wanderung mit Aussicht auf den Vulkan Villarrica ist eine der schönsten, die wir in den letzten Monaten gemacht haben. Wir wechseln die Talseite zum Parque Nacional Villarrica, um den gesperrten Strassen wegen dem Ironman zu entgehen und hängen am folgenden Tag gleich noch eine Wanderung an. Diese ist zwar nicht ganz so lang wie am Vortag, dafür aber noch steiler. Beim Mirador de Vulcanes haben wir freie Sicht auf die 5 Vulkane Mochos, Choshuenco, Quetrupillan, Lanín und natürlich den Villarrica. Letzterer ist ganz nahe und qualmt gemütlich aus dem Krater in den blauen Himmel. Die Strasse durch den Park ist nur für 4x4 Fahrzeuge empfohlen und doch recht abenteuerlich. Auf einem Campingplatz in Coñaripe erholen wir uns etwas von den Strapazen und geniessen die heisse Dusche. Der Ort und vor allem der Strand am See sind komplett überfüllt. Es ist Hochsaison.
Über den Paso Carririñe wechseln wir wieder nach Argentinien. Die Schotterstrasse wird nicht oft befahren und ist nur während den Sommermonaten geöffnet. Bei der Ausreise aus Chile werden wir noch von mehreren Beamten begrüsst und im Schnellzugstempo abgefertigt. Auf der argentinischen Seite ist dann alles sehr heimelig. Ein einziger Beamter erfüllt alle Funktionen der Migration, Zoll und Lebensmittelinspektion. Die Formulare werden noch von Hand ausgefüllt, gestempelt und zwischendurch immer mal wieder ein Schwätzchen gehalten (alle Details hier).
An Seen und schöner Berglandschaft vorbei fahren wir durch bis Junín de los Andes um noch vor der Siesta dort zu sein. Zu unserem Erstaunen hat der Laden aber den ganzen Tag offen, was für Argentinien doch ungewöhnlich ist. Im Restaurant bestellen wir 2 Salate und brauchen von der Bestellung bis zur Bezahlung doch 2 Stunden. Der Koch hat sich wohl doch eine Siesta gegönnt ;-) Wir entscheiden uns, noch einmal in den Parque Nacional Lanín zu fahren und wählen als Ziel den Lago Huechulafquen. An der Südseite des Sees müssen wir keinen Eintritt für den Park bezahlen und finden einen tollen gratis Campingplatz. Ein junger Herr versucht uns dann doch noch etwas Geld für die Übernachtung abzuknöpfen, aber wir diskutieren so lange, bis er aufgibt und verschwindet.
Hatte sich der Volcán Lanin am Abend noch in Wolken gehüllt, so haben wir heute Morgen perfekte Sicht über den tiefblauen See zum Berg. Auch wenn uns die Aussicht fesselt, fahren wir trotzdem weiter. San Martín de los Andes ist ein Touristenort mit allen Annehmlichkeiten. Wir bestellen mal wieder Kaffee und Kuchen und als die Teller auf dem Tisch stehen, wissen wir: Das wird heute nichts mehr mit Abendessen, das Stück Kuchen ist definitiv gross genug! San Martín ist auch das Tor zum "Camino de Los Siete Lagos", einer der wohl schönsten und spektakulärsten Abschnitte der berühmten Ruta 40. Das Naturschauspiel beeindruckt uns und schon nach einigen Kilometern finden wir einen tollen Platz an einem Fluss. Bei der Dämmerung verziehen sich auch die letzten Familien und Fischer und wir haben den Ort für die Nacht für uns alleine.
Wir fahren an mehr als sieben Seen vorbei. Die Farben beeindrucken und auch in diesen Tagen spielt das Wetter voll mit. Immer wieder machen wir kurze Abstecher zu einem See, halten bei einem Aussichtspunkt oder fahren mit Rhino einfach gemütlich durch die Natur. Die Wanderung zum Wasserfall Ñivicon begeistert uns. Als erstes müssen wir durch einen kalten Fluss waten, dann durch dichten Wald marschieren, bevor wir dann den tollen Wasserfall erreichen. Am Lago Nahuel Huapi richten wir wieder unseren Nachtplatz ein, machen Feuer und grillieren Rindfleisch nach argentinischer Art. Auf kleiner Glut brutzelt das Fleisch langsam vor sich hin, bis es genau die richtige Garstufe erreicht hat. Perfekt!
Der Lago Nahuel Huapi Lago ist riesig und wunderschön. Tiefblau liegt er da und die Buchten leuchten smaragdgrün. Wir erreichen San Carlos de Bariloche. Die Stadt ist das St. Moritz oder Aspen Argentiniens und es ist Hochsaison. Entsprechend verstopft sind die Strassen und die Fussgängerpassagen sind voll mit Menschen. Wir schlendern etwas durch die Stadt sowie am See entlang und beobachten die vielen Touristen aus der ganzen Welt. Hier könnten wir es durchaus ein paar Tage aushalten. Allerdings würde der Aufenthalt wohl ein böses Loch in unsere Reisekasse reissen. Hinter der Stadt liegt ein Naturparadies und da wollen wir hin.
Leider ist auch hier viel Privatland. Nur der Parque Municipal Liao Liao bietet Natur für alle Besucher und auch wir finden eine tolle Bucht zum Verweilen. Die Colonia Suiza war früher Heimat für ausgewanderte Schweizer. Heute ist es mehr ein Freizeitpark mit vielen Schweizer Schildern, der aber sonst wenig Swissness bietet. Trotzdem bleiben wir hier auf dem Campingplatz und erleben ein erstes Mal argentinische Campingkultur. Dicht an dicht stehen die Zelte und Camper. Es wird gefeuert und grilliert was das Zeug hält. Gegessen wird nicht vor 10 Uhr abends. Entsprechend lange geht die Party. Dafür ist am Morgen noch alles mucksmäuschen still, als wir schon fast wieder unterwegs sind.
Wir verlassen die Ruta 40 wieder und wollen nach Chile. Wir entscheiden uns für eine Schlaufe dem Lago Traful entlang, damit wir nicht wieder die gleiche Strasse zurückfahren müssen. Es ist ein weiterer Höhepunkt und ein toller Abschluss in der Seenregion in Argentinien. Der See leuchtet blau und grün und es hat nicht so viele Menschen, wie auf der Hauptroute. Kurz vor der argentinischen Grenze am Paso Cardenal Antonio Samoré finden wir einen tollen Platz etwas abgelegen am See. Die letzten 2 Wochen haben uns in eine komplett neue Klimaregion katapultiert. Die Mischung zwischen Vulkanen, farbig leuchtenden Seen, Wäldern und Berge gefällt uns. Das tolle Wetter hat natürlich das seine dazu beigetragen. Neben weiteren Vulkanen und Seen erwarten uns in Chile die Insel Chiloé, Fjorde, Fährüberfahrten und schliesslich auch die berüchtigte Carretera Austral durch Patagonien nach Süden. Wir freuen uns!
publiziert am 26.01.2018