Utah (30.09. - 17.10.2016)
Utah haben wir uns fast für den Schluss unserer USA-Schleife aufbewahrt. Wir lieben Canyons, Felsen, rote Erde und alles was damit daher kommt. Eines schon vorweg: Wir werden nicht enttäuscht, im Gegenteil! Der Süden Utah's besteht fast nur aus Public Land in Form von Nationalparks, National Monuments, National Forests und BLM-Land. Das bedeutet viel Natur, wenig Zäune, Campen (fast) wo man gerade will und Erlebnis pur! Unsere Route führt uns über und durch die vielen verschiedenen Gesteinsschichten des Colorado-Plateaus. Alleine diese geologische Vielfalt in ihren Farben und Formen wird uns jeden Tag von neuem begeistern.
Seit einer gefühlten Ewigkeit regnet es in der Nacht wieder einmal. Das hämmernde Tropfen an den Zeltwänden hört sich fremd an und raubt uns den Schlaf. Etwas müde fahren wir in den Zion Nationalpark und drehen gleich wieder um. Es hat zu viele Leute. Wir finden einen Übernachtungsplatz in einem kleinen Canyon in der Nähe und machen es uns für den Rest des Tages gemütlich. Beim Nachtessen schaut eine Tarantel uneingeladen auf einen Besuch vorbei und marschiert gemütlich mitten durch unser Nachtlager. Am Morgen früh sieht es im Zion Nationalpark dann schon besser aus. Wir nehmen den Shuttle-Bus bis Temple of Sinawava und laufen hinein in The Narrows. Es ist abenteuerlich, da wir praktisch die ganze Zeit im eiskalten Wasser laufen. Es lohnt sich, das ist Canyon-Feeling pur! Gut gefällt uns auch der Wasserfall bei den Emerald Pools und die Fahrt auf dem Zion-Mount Carmel Highway aus dem Park hinaus.
In Kanab versuchen wir unser Glück bei der Verlosung der begehrten Permits für "The Wave". 160 Personen haben gleiches vor wie wir und wollen eine von 10 Bewilligungen für den nächsten Tag ergattern. Leider klappt es für uns heute nicht und unsere Losnummer wird nicht gezogen. Wir kommen aber wieder! Als Wiedergutmachung für die kleine Enttäuschung fahren wir gleich weiter in den Bryce Canyon Nationalpark. Die Ausblicke von der Panoramastrasse sind beeindruckend. Wir wollen den Bryce Canyon aber wirklich erleben und steigen darum hinunter und wandern die Kombination Navajo Trail + Peek-a-Boo Loop. 3 Stunden geht es im Canyon rauf und runter. Schon nach kurzer Zeit sind wir praktisch alleine unterwegs. Die Farben und Formen sind von hier unten noch einmal viel schöner und intensiver als vom Canyonrand aus. Die Nächte sind kalt. Am Morgen messen wir -4 Grad Celsius! Dick eingepackt fahren wir für den Sonnenaufgang zum Bryce Point. Wir sind nicht alleine, aber so wie der Bryce Canyon im Morgenlicht leuchtet, vergisst man schnell alles um sich herum!
Das Grand Staircase Escalante National Monument (kurz: GSENM) ist die letzte Region, welche in den USA kartiert wurde. Es führen viele Backroads in dieses riesige Wildgebiet. Einige markierte Wanderwege gibt es auch, meist sind die Leute aber mit GPS, Karte und Kompass unterwegs. Wir holen uns ein Backcountry-Permit für die Übernachtungen und los gehts!
Wir haben uns eine Route zusammengestellt, um vom Cottonwood-Gebiet auf die Hole-in-the-Rock Road zu gelangen. Laut Karte vom GSENM und unserem Navi sollte es gehen. Nach einer Stunde Fahrt steht da eine Tafel am Wegrand: Für Fahrzeuge mit Strassenmassen (d.h. grösser als ein Quad) kein Durchkommen! Wir nehmen dann halt einen anderen Weg, der uns auch ans Ziel führen sollte. Bald ist aber keine Piste mehr da und wir fahren im Bachbett durch einen wunderschönen Canyon. Immer wieder müssen wir aussteigen und erkunden, ob wir mit Rhino bei der nächsten Passage durchkommen. Sergio's Optimismus und Rhino's Kräfte bringen uns immer tiefer in den Canyon. Bis dann nach 2 Stunden trotzdem Schluss ist. Ein riesiger Felsbrocken und eine grosse Sandbank mit zu starkem Seitengefälle versperren uns den Weg. Wir bleiben vernünftig und drehen um. Das Drehmanöver geht noch gut, aber kaum ein paar Meter weiter bocken wir Rhino mit der Hinterachse auf einem Felsen auf. Wir haben die Spur nur ein paar Zentimeter weiter rechts gehalten als beim runterfahren und schon ist es passiert! Nun heisst es ruhig Blut bewahren: wir legen eine Mittagspause ein. Mit etwas Geschick können wir Rhino dann so anheben und die Räder unterlegen, dass wir uns befreien können. Puhhh! Glück gehabt! Weiter oben im Canyon treffen wir dann auf zwei Jäger. Die bestätigen uns, dass die andere Strasse wirklich nicht passierbar ist. Also fahren wir alles zurück. Toll war der Ausflug allemal!
Den Hole-in-the-Rock erreichen wir dann über eine 90 km lange Holper-Piste, die am Schluss fahrerisch noch richtig anspruchsvoll wird. Die gigantische Aussicht auf den Lake Powel ist dann eine willkommene Belohnung. Wir fahren aber nicht nur Backroads, sondern spazieren zum Grosvenor Arch, wandern im Devils Garden, besuchen den Chimney Rock und den Dance Hall Rock. Unsere ersten Slot-Canyons betreten wir mit dem Spooky und dem Peek-a-Boo Canyon. Wir müssen die Rucksäcke stehen lassen, damit wir zwischen den Sandstein Wänden noch weiter vorankommen, so eng ist es.
Der Highway 12 bietet eine tolle Kulisse. Als wir nach Boulder fahren findet gleichzeitig ein lokaler Marathon statt. Wir winken den uns entgegenrennenden Läufern zu und erhalten oft ein Lächeln zurück. Wir biegen dann auf die Burr-Trail Road in Richtung Capitol Reef Nationalpark ab, wiedermal durch die Hintertüre. Die Landschaft ist grandios. Wir fahren offroad zum Strike Valley Overlook und staunen. Von hier aus, sehen die Felsfaltungen des Capitol Reef aus, wie ein Miniatur-Kasten. Was die Natur in Jahrmillionen geschaffen hat, liegt einem einfach so zu Füssen. Die Haarnadelkurven am Burr Trail sind eindrücklich. Wir treffen hier auf Adrian und Jean-Pierre. Die beiden sind seit 9 Jahren mit ihrem Land Cruiser durch Nord- und Südamerika unterwegs. Sie haben uns viel zu erzählen und schwups, sind einige Stunden am Strassenrand vorbei.
In Utah erleben wir zum ersten mal in den USA, dass Lebensmittelgeschäfte am Sonntag geschlossen sind. Wir haben zum Glück aber genügend Vorräte dabei und fahren darum wieder raus in die Natur. Die Steinköpfe (Goblins) im Goblin State Park sind eindrücklich. Eigentlich wollen wir noch in den Little White Horse Canyon, aber der volle Parkplatz (es ist Sonntag...) am Start zum Wanderweg lässt uns blitzartig umdrehen und einen gemütlichen Nachmittag mit Brot backen und Sonne geniessen einlegen.
The Wedge wird auch Little Grand Canyon genannt. Zu recht! Einige Unterschiede zum grossen Bruder gibt es aber: Es hat fast keine Besucher. Schon die Anfahrt über die Buckhorn Draw Road in den Canyon hinein zum San Rafael River ist grossartig. Wir umfahren in einer Steigung dann die hohen Klippen, drehen wieder nach Süden ab und stehen plötzlich am Canyonrand. Hier übernachten wir, nur einige Meter vom Abgrund entfernt mit gigantischer Aussicht. Wir wandern der Rim entlang und beobachten am Abend die vorbeiziehenden Gewitter auf der anderen Seite des Canyons.
Mit aufgefüllten Vorräten, in Green River hats geklappt mit den Frischprodukten, steuern wir die Salt Valley Road an. Diese Backroad führt von Norden her in den Arches Nationalpark hinein. Wie könnte es auch anders sein: der Hintereingang. Es muss hier mal gesagt sein: Wir machen das nicht mit Absicht, aber wir haben das richtige Fahrzeug für diese Strassen und da muss man nie anstehen;-). Es soll im Park ja über 2000 Steinbögen geben. Wir sehen nicht alle, aber wir geben uns die volle Ladung: Tower-, Landscape-, Double O-, Navajo-, Partition-, Skyline-, Double Arch, South und North Window, Balanced Rock und als krönenden Abschluss die Wanderung zum Delicate Arch.
Allgemein merken wir hier in Utah, dass in der Schweiz offenbar Herbstferien sind. So vielen Schweizern (vor allem auch Familien) sind wir in den ganzen USA vorher nicht begegnet. Mit unserem Fahrzeug mit CH-Nummernschild erwecken wir halt auch Aufmerksamkeit und werden viel angesprochen.
Die Nächte sind in der Zwischenzeit nicht mehr gar so kalt und die Tage sind nach wie vor von stahlblauem Himmel geprägt. Wir fahren nach Moab hinein. Das ist die Offroad-Hochburg der USA. Rund um Moab befinden sich einige der schönsten Backroads und schwierigsten Offroad-Strecken des Landes. Aus den ganzen USA reisen die Staubpisten-Begeisterten an mit ihren riesigen RV's und Anhängern mit Quads, Crossmaschinen und Jeeps drauf. Die Strassen von Moab sind voll von Fahrzeugen mit viel Bodenfreiheit und plötzlich treffen wir hier an einem Tag auf etliche Land Rover Defender und Toyota Land Cruiser von anderen Overlandern wie wir es sind. Wir selbst nutzen Moab als Versorgungsstopp und brechen schon wieder auf in Richtung Canyonlands Nationalpark.
Wir nehmen die Gemini Bridge Road und staunen über die natürliche doppelte Felsbrücke. Erst als wir über die Brücke laufen und zurückschauen sehen wir, dass wir noch kurz vorher auf einer dünnen Steinplatte gestanden sind, welche mehrere hundert Meter über dem Abgrund schwebt. Im Canyonlands Nationalpark selbst bietet sich uns wiederum ein eindrückliches Bild. Die Canyons des Colorado und Green Rivers breiten sich zu unseren Füssen aus. Wir können uns kaum satt sehen. Da wir den regulären Eingang zum Island in the Sky genommen haben, fahren wir halt zur Hintertür raus. Der Shafer Trail windet sich an einer Canyonwand spektakulär in die Tiefe. Dem Colorado River entlang fahren wir dann mit tollen Ausblicken auf die roten Felswände hinaus und dann Richtung Süden.
Wir wollen unbedingt noch in den wenig besuchten Needles District vom Canyonlands Nationalpark. Es lohnt sich. Aus unserer Sicht ist er noch schöner, als der Island in the Sky District. Wir wandern zum Slickrock, geniessen die Ausblicke auf die Needles (Steinsäulen) und die Canyons um uns herum. Am Elephant Hill wäre eine der schwierigsten Offroad-Strecken der USA zu meistern. Wir lassen es aber sein, Rhino soll uns ja noch bis nach Südamerika und weiter begleiten und nicht in einen Canyon in den USA abstürzen. Spontan fahren wir nicht auf den Highway zurück, sondern nehmen wieder eine Backroad (Beef Basin und Elk Ridge Road) in Richtung Natural Bridges. Das Naturschauspiel unterwegs ist wieder gewaltig. Zur Abwechslung gelangen wir sogar wieder einmal in richtige Wälder auf 2'600 m.ü.M.
Es ist hier in Utah nie ein Problem, wild einen Übernachtungsplatz mit spektakulärer Aussicht inklusive toller Sonnenuntergang und -aufgang Garantie zu finden. Die sternenklaren Nächte werden höchstens vom riesigen aufgehenden Vollmond "gestört". Seit Wochen sehen wir darum Campingplätze nur von aussen und staunen, wie eng die Wohnmobile da stehen. Heute tun wir uns aber etwas schwer mit der Suche. Es geht ein starker Südwestwind. Da muss das Plätzchen zusätzlich noch das Attribut "windgeschützt" erfüllen. Na ja, für einmal waren wir nur mässig erfolgreich...
Im Natural Bridges National Monument legen wir einen "Touri-Tag" ein. Wir betrachten die Brücken von den Aussichtspunkten aus und spazieren nur zur nächstgelegenen Owachomo Bridge. Aufgrund eines Tipps von einem Freund fahren wir dann die Backroad ins Valley of the Gods. Wir haben keine Ahnung was uns erwartet. Es ist gigantisch. Wir fahen gemütlich durch ein Mini-Monument Valley und finden zum Abschluss nocheinmal einen spitzen Nachtplatz mitten in den Steingiganten.
Trotz so vielen Erlebnissen haben wir nur einen Bruchteil vom tollen Bundesstaat Utah gesehen. Eines ist sicher: Wir kommen wieder, irgendwann! Jetzt heisst es für uns aber langsam Abschied aus den USA zu nehmen. Wir werden noch durch Arizona und Südkalifornien fahren und ein paar Leckerbissen der Natur geniessen. Mehr dazu aber im nächsten Bericht.
publiziert am 19.10.2016