Topolobambo - Grutas de Tolantongo (11.12. - 29.12.2016)
Die Nacht war unruhig. Wir dürfen nach der Ankunft der Fähre netterweise im Hafengelände übernachten. Da die Lastwagen die ganze Nacht hin und her manövriert werden, ist es einfach laut. Kurz nach der Dämmerung fahren wir vom Hafen Topolobambo los nach Los Mochis. Es ist feuchtwarm, ganz anders als noch auf der Baja. In der Ebene über den Gemüsefeldern liegt dicker Nebel. Wir suchen ein offenes Café. Sonntag Morgen um diese Zeit ist das in Mexiko leider nicht so einfach. So fahren halt wir zum Bahnhof. Wir wollen ja Tickets für den "El Chepe" kaufen. Leider hat der Bahnhof aber am Sonntag geschlossen. Unser Aufenthalt auf dem Festland beginnt also richtig mexikanisch! Mañana, mañana...
Wir überbrücken die Wartezeit mit der Suche nach einer Weihnachtsdeko und holen den Schlaf der letzten Nacht nach. An die Tickets für die Bahn kommen wir einen Tag später doch noch und fahren mit Rhino nach El Fuerte wo wir den Zug besteigen wollen. Da gibts zwar einen Bahnhof, aber Tickets könnte man da nur im Zug selber lösen, darum haben wir das schon in Los Mochis erledigt.
El Fuerte ist unser erstes Pueblo Magico auf dem mexikanischen Festland. Die Bezeichnung Pueblo Magico wird mexikanischen Orten verliehen, die erhaltenswert sind und sich bemühen das Stadtbild zu wahren. Es gefällt uns gut! Beim Bahnhof können wir Rhino bei einem alten Ehepaar (die waren richtig süss!) auf einem Hinterhof für 4 Nächte stehen lassen und dort auch übernachten bevor wir am nächsten Morgen früh den "El Chepe" nehmen.
Wir nehmen in der classe económica (entspricht 2. Klasse in der Schweiz) Platz und der Zug schlängelt sich von 180 m.ü.M. durch die Täler und Schluchten hinauf bis auf über 2'300 m.ü.M. Wir durchfahren dabei verschiedene Vegetationszonen von der subtropischen Küste durch Kakteenlandschaften hinauf bis in die Pinenwälder. Der Kupfercanyon ist eine wilde Landschaft im nördlichen Hochland. Die Schlucht ist teilweise fast so tief wie der Grand Canyon und ebenfalls sehr spektakulär. Den Namen hat die "Baranca del Cobre" nicht etwa wegen Kupfervorkommen, sondern wegen der Pflanzen, welche den steilen Felswände eine grün-blaue Farbe verleihen. Der "El Chepe", so heisst der Zug, fährt täglich von Los Mochis bis Chihuahua und in entgegengesetzter Richtung. Die Strecke gilt als eine der schönsten Bahnfahrten der Welt. Sehenswert ist vor allem der Abschnitt von El Fuerte bis Creel. Unser Fazit vorneweg: Wenn man einmal in der Schweiz mit der Bahn durch die Alpen gefahren ist, muss schon einiges geboten werden um dies zu übertreffen. Es hat uns gefallen, aber nicht aus den Socken gehauen. Uns fasziniert die Ingenieurs-Kunst, welche nötig war, um die Linienführung in die Landschaft zu legen. So wird dier Höhenunterschied mit nur wenigen Kehrtunnels und über einige Brücken gemeistert. Der Zug windet sich den Canyon-Wänden entlang in die Höhe. Bei Divisadero haben wir 15 Minuten Zeit auszusteigen um einen Blick in den Kupfercanyon zu werfen und uns an einem der vielen Stände zu verpflegen. Ansonsten bleiben wir im Zug. Immer wieder halten wir an Bahnhöfen und schauen dem regen Treiben auf den Gleisen zu.
In Creel selbst bleiben wir 2 Nächte in einem tollen kleinen Hotel (mit Heizung!). Der Ort lebt vom Tourismus und vom "El Chepe". Wenn der Zug ankommt ist die Hölle los. Wir sind aber in der Nebensaison da und es hat neben uns nur wenige Besucher. Auf einer Tour lassen wir uns die Umgebung zeigen. Die Felsen in der Landschaft mit dem Wald und den Menschen, die hier noch sehr zurückgezogen leben, beeindrucken uns. Die Frauen tragen farbige Kleider und versuchen ihr Handwerk zu verkaufen, niemand ist aufdringlich.
Für die Rückfahrt mit dem "El Chepe" haben wir classe primera gebucht. Der Unterschied zur económica ist, dass die Stoffe auf den Sitzen neuer sind und ein Mitarbeiter immer wieder die nächsten Streckenabschnitte erklärt und auf Fotospots hinweist. Als wir in El Fuerte eintreffen ist es schon lange Nacht. Wir finden Rhino wohlerhalten im Hinterhof und übernachten hier noch einmal. Im Vergleich zu Creel ist es hier wieder feucht und warm, wir sind ja auch 2200 Höhenmeter tiefer.
Die Fahrt nach Mazatlán geht durch grünes Farmland. Eine Farbe, welche wir nach all den Wüstenlandschaften etwas vermisst hatten. Bei der Villa Celeste lernen wir Manfred und Karin kennen. Sie sind seit über 3 Jahren von Süden her unterwegs. Wir baden im Meer und geniessen den Abend draussen unter Palmen. In Mazatlàn gefällt uns das schöne Stadtzentrum. Um die vielen Ressorts an der Küste haben wir einen weiten Bogen gemacht. Es ist viel los in der Stadt, es wird geheiratet, gefeiert und wir essen seit langem wieder einmal am Abend auswärts. Als Vorspeise gibts einen warmen Brie mit Nüsse und Beeren, Nadine nimmt Tunfisch und Sergio Camarones an einer Tequila Sauce. Die Stadt pulsiert immer noch, als wir zu unserem Quartier zurück spazieren. So gefällt es uns!
Schon weit vor Tequila hat es überall Agaven Felder. Die Kaktuspflanze ist der Rohstoff aus dem Tequila gebrannt wird. Wir kurven durch die engen und verstopften Gassen von Tequila und besuchen die Destillerie José Cuervo. In der grösste Destillerie für Tequila in Mexiko lernen wir Schritt für Schritt wie der Tequila hergestellt wird und können nach jedem Produktionsschritt das Zwischenresultat verköstigen. Zum Schluss gibt es dann noch fertigen Tequila und den obligaten Gang in den Shop. Wir spazieren durch die engen Gassen über Kopfsteinpflaster zur Plaza. Der Markt rund um die Kirche ist laut und es sind viele Menschen unterwegs.
Hinter dem Vulkan Tequila besuchen wir Guachimontón, mit ihren runden Pyramiden. Es ist die grösste Mayastätte der Teuchitlán Kultur und wurde noch nicht vor so langer Zeit entdeckt. Darum ist der Ort auch noch nicht so touristisch ausgeschlachtet. Das topmoderne Museum ist informativ und der steile Weg zu den Kultstätten wird mit einem tollen Ausblick über die Pyramiden und die Landschaft belohnt.
Wir fahren gemütlich dem Lago de Chapala entlang. Auch hier hat es überall Landwirtschftsflächen mit Gemüse und Früchten. Am Marktstand kaufen wir frische Himbeeren (im Dezember...) und kommen durch die Dörfer langsam vorwärts. Wir speisen an einem Stand am Strassenrand und erreichen irgendwann das kleine Dorf Santa Elena. Hier hat Charly (ausgewanderter Schweizer) eine kleine Hazienda aufgebaut. Wir verbringen zwei gemütliche Abende, essen Rindsfilet, Cordonbleu, Cervelat, Bratwurst und Forellen. Mit Rhino übernachten wir auf dem Gelände und lassen es uns gut gehen. Charly bringt uns auch in eine Käserei. Ein Mexikaner hat in der Schweiz und Frankreich gelernt zu käsen und macht hier jetzt Appenzeller, Raclette, Brie, Camembert, Reblochon und super Ziegenkäse. Wir sind beeindruckt und kaufen soviel ein, wie unser Kühlschrank an Platz hergibt!
Die Weihnachtstage verbringen wir gemeinsam mit anderen Overlandern In San Miguel de Allende. Unter anderem lernen wir Raymonde mit Thomy und Michelle mit Kurt aus der Schweiz kennen. Sie sind schon einiges länger als wir auf Achse. Auch Deutsche, Holländer und Amerikaner hat es hier. An der gemeinsamen Weihnachtsparty an Heiligabend steuern alle etwas zum Buffet bei und es wird bis in die Nacht hinein diskutiert und Reisegeschichten ausgetauscht. Wir nutzen das Wifi für Skype-Sessions mit unseren Familien und unseren Göttibuben und bekommen so auch etwas Weihnachtsstimmung aus der Schweiz mit.
San Miguel de Allende ist farbig. Überall stehen Kirchen und die Plätze laden zum Verweilen unter den üppigen Bäumen ein. Wir erkunden tolle Innenhöfe und hören den Gitarrenspielern auf der Plaza zu. Wie schon überall seit Anfang Dezember treffen wir auch hier in allen Kirchen und auf vielen Plätzen auf riesige Weihnachtskrippen. Hier in der Stadt gibt es sogar eine mit echtem Esel und echten Schafen. Seit Weihnachten ist auch das Jesuskind da, denn vorher war sein Platz in der Krippe immer leer.
Zwischen steilen Hügeln eingebettet und mit prunkvollen Bauten ist Guanajuato ein Kontrast zu San Miguel de Allende, aber definitiv nicht weniger schön. Überall sind Fussgängerzonen angelegt. Den Verkehr hat man hier in den Untergrund in die ehemaligen Silberminen unter der Stadt verbannt. Für uns ist es besser, wir begeben uns nicht in das Wirrwarr der Tunnels. Es ist fast unmöglich sich zurechtzufinden und GPS funktioniert im Untergrund ja auch nicht. Wir nehmen darum die Panoramica, fahren riesige Umwege, haben dafür aber immer wieder tolle Ausblicke. Von unserem Stellplatz steigen wir einen steilen Hügel hinunter und gehen dann durch einen Tunnel zu Fuss in die Stadt.
Auf der Fahrt in Richtung Mexico City steigen wir bis auf 2'600 m.ü.M. Die Vegetation ändert sich, es hat weniger Gemüse und mehr Grasland. Mais wächst aber nach wie vor überall. Wir besuchen die historische Stätte Tula. Bekannt ist sie für die 4 Krieger, die auf einer der Pyramiden aufgestellt wurden. Sie hat Ähnlichkeiten und auch eine historische Verbindung zu Chichén Itzà.
Wir kommen nur langsam vorwärts. Es hat so viele uralte Lastwagen unterwegs und die gefühlten 1'000 Topes zwingen uns immer wieder abzubremsen. So brauchen wir für die 90 km normale Strasse fast 4 Stunden. Aber auch diese Anfahrt lohnt sich! Über die steile Strasse erreichen wir in einer tiefen Schlucht die Grutas de Tolantongo. Aus verschiedenen Kavernen fliesst hier Thermalwasser in die Schlucht. Wir campen am türkisblauen Fluss, wo überall gebadet werden kann. Unser Highlight ist das Bad in den Kavernen und in einer Höhle. Überall spritzt Thermalwasser aus den Felsen und man geht im Dunkeln durch tiefes warmes Wasser von Becken zu Becken. Aus einem Loch in der Decke stürzt der Hauptzufluss wie eine gigantische Dusche herab. Wir staunen und geniessen das warme Wasser. Da wir mitten in den Weihnachtstagen sind, hat es tausende Mexikaner mit der gleichen Absicht hier: campen. Sie stehen Zelt an Zelt und wir zwängen uns ganz am Rand der Schlucht noch hin. Am Abend kommen noch mehr Menschen. Einmal mehr ist Fiesta Mexicana angesagt!
publiziert am 02.01.2017