Land unter im Süden Brasiliens (26.06. - 06.07.2018)
Nach 2 Tagen Dauerregen schliesst der Himmel endlich seine Schleusen und wir fahren weiter. Eigentlich wollen wir bis zum nächsten Ort auf dem Strand dem Meer entlangfahren. Die Flut und der hohe Wellengang verunmöglichen aber unser Vorhaben. So nehmen wir nach Santa Marta den Umweg über die holprige Hauptstrasse. Der Leuchtturm steht leider auf Militärsperrgebiet. Den hätten wir gerne besucht. So bleibt es bei einem kurzen Spaziergang durch das Dorf.
Wir wollen wieder Richtung Berge und noch vor dem Abend erreichen wir Praia Grande. Der Nebel hängt immer noch dicht und es ist kühl. Wir nutzen die gut ausgestattete Campingküche und verziehen uns bald in unseren Rhino, der uns auch heute wieder zuverlässig vor dem Regen schützt. Steil führt die Strasse zur Abbruchkante hinauf. Auf 600 Metern Höhe durchbrechen wir endlich die Nebeldecke. Immer wieder machen wir kurz Halt und blicken hinaus auf das Nebelmeer. Allzulange wollen wir aber nicht verweilen, denn das gute Wetter muss schliesslich genutzt werden. Wir erreichen den Parque Nacional Da Serra Geral und steuern gleich den Canyon de Itaimbezinho an. Der tiefste Canyon Brasiliens mit seinen Wasserfällen beeindruckt uns. Wir wandern beide Seiten des Canyons ab und geniessen die Ausblicke von den verschiedenen Aussichtspunkten. Auf der Wanderung treffen sogar auf die Breakies und tauschen Tipps für gute Übernachtungsplätze aus.
Das gute Wetter hält und so fahren wir gleich weiter zur nächsten Attraktion in diesem Gebiet. Der Canyon Fortaleza ist nicht ganz so bekannt und darum auch nicht so stark besucht. Die kurze Wanderung führt uns hinauf zu einem Aussichtspunkt. Auf der einen Seite liegt uns der Canyon zu Füssen und auf der anderen Seite haben wir eine fantastische Aussicht über die Abbruchkante hinaus zum Atlantik. Wir nutzen den Tip der Breakies und übernachten gleich in der Nähe. Das grösste Spektakel bietet uns heute der aufgehende Vollmond. Hinter einer Araukarie setzt er sich voll in Szene und wir geniessen unser Nachtessen unter freiem Himmel gleich doppelt.
Am Morgen fahren wir noch einmal zurück zum Canyon Fortaleza und geniessen die tolle Aussicht vom Canyonrand. Die Weiterfahrt ist dann nur kurz. Sergio hat sich bei dem wechselhaften Wetter eine Erkältung geholt. Zur Genesung trägt die regenreiche Nacht in Cambará do Sul nicht wirklich bei. So ziehen wir weiter und suchen die Sonne. Diese finden wir aber auch in Canela nicht. Wir schauen uns die riesige Steinkathedrale an und essen ein deftiges Mittagessen im örtlichen „Schnitzelhaus“. Die hausgemachten Spätzli sind super! Kaum fahren wir in Gramado auf den Campingplatz beginnt es wieder zu regnen. Obwohl auf dem Platz viele Wohnwagen mit angebauten Häuschen stehen, scheinen wir fast die einzigen Gäste zu sein. Wundern tut es uns nicht, denn wer um Himmels Willen campt schon bei diesem Hudelwetter. Die Brasilianer sicher nicht...
Die Schweiz hat St. Moritz, die USA haben Aspen und Brasilien hat Gramado. Wir spazieren durch die Hauptstrasse des riesigen Ferienortes, vorbei an grossen Luxushotels, Boutiquen und teuren Restaurants - alles im Stile der mondänen Vorbilder. Es ist Wochenende und viele Touristen sind unterwegs. Irgendwie passen wir mit unserer Garderobe nicht wirklich in diese Welt der Pelzmäntel und hohen Stiefel. Einen Besuch in der örtlichen Konfisserie lassen wir uns aber nicht nehmen. Bewaffnet mit einen Schoko-Erdbeer-Spiess für Nadine und feinster Nuss-Schokolade für Sergio verlassen wir Gramado wieder.
Bento Gonçalves ist das Zentrum des brasilianischen Weinanbaus. Auch wenn Brasilien nicht zu den top Weingebieten auf der Welt zählt, soll es hier einige guten Winzer geben und diese wollen wir entdecken. Im Nachbarort Garibaldi quartieren wir uns auf dem Campingplatz eines Bio-Hofs ein. Zwei Tage schönes Wetter sind angesagt und so steht einem gemütlichen Ausflug ins Vale dos Vinhedos nichts im Wege. Natürlich tragen die Reben im Winter weder Früchte noch Blätter und so ist alles etwas karg. Trotzdem gefällt uns die hügelige Landschaft mit den vielen Reben sehr gut. Die Weingüter sind alle recht neu und überall stehen die Tore für Besucher weit offen. Neben uns sind viele gut betuchte Brasilianer unterwegs und die Parkplätze sind gut gefüllt. Wir entscheiden uns für das Weingut „Casa Valduga“. Das Anwesen ist riesig und die Gebäude einem europäischen Schloss nachempfunden. Wir erkunden die Anlage, statten dem Shop einen Besuch ab und essen im Restaurant ein üppiges Mittagessen, natürlich begleitet von einem guten Rotwein. Alles schmeckt vorzüglich! Auch bei der „Cava de Piedra“ schauen wir kurz vorbei. Auf eine weitere Weinprobe verzichten wir aber, da wir ja Rhino noch zum Campinplatz zurückfahren dürfen.
Wir sind auf dem Weg zurück an die Küste. An der Fussball-WM spielt Brasilien gegen Mexiko. Die Strassen sind wie leergefegt und wir kommen endlich gut voran. Eigentlich wollen wir zwei Wasserfälle besuchen. Heftiger Regen begleitet uns aber auf dem Weg und so macht eine Wanderung in den Bergen keinen Sinn. Der angesteuerte Campingplatz ist mehr oder weniger überflutet. Der freundliche Besitzer zeigt uns aber einen Stellplatz, wo wir Rhino an einen Unterstand stellen und uns trockenen Fusses draussen bewegen können. Weil die Schweiz und Brasilien sich über die gleiche Gruppe für den Achtelfinal an der Fussball WM qualifiziert haben, gewährt uns der nette Herr sogar einen Rabatt! Genützt hat es nicht viel, die Schweiz fliegt gegen Schweden am folgenden Tag trotzdem aus dem Tournier. Wir verfolgen den Matsch in einem Buffet-Restaurant in einem Strand-Ort. Das Essen ist definitiv besser, als das Spiel.
Die Strecke von Tramandaí über Rio Grande bis nach Chuy teilen wir uns in vier Tagesetappen auf. Viel zu sehen gibt es eigentlich nicht, aber trotzdem wollen wir nicht einfach nur die Kilometer abspulen. Mit kurzen Unterbrüchen könnte man die über 500 km auf dem Sandstrand zwischen Dünen und Meer entlangfahren. Eigentlich ist das auch unser Plan, zumindest für einige längere Abschnitte. Immer wieder versuchen wir ans Meer zu gelangen. Zu Beginn macht uns die Flut einen Strich durch die Rechnung und treibt die Wellen so weit in die Dünen, dass am Meer kein Durchkommen ist. Bei späteren Versuchen müssen wir wegen den starken Überschwemmungen kapitulieren. Durch die starken Regenfälle in den letzten Wochen haben sich die Lagunen und Seen weit ausgebreitet und weite Teile an der Küste überschwemmt. An einem Morgen versuchen wir es bei der Laguna Bacuparí. Wir folgen der Sandpiste und die Wasserdurchfahrten werden immer tiefer. Mit viel Selbstvertrauen steuert Sergio eine weitere Furte an. Plötzlich fehlt der Boden unter den Vorderrädern. Das Wasser schwappt über die Motorhaube und irgendwie hat Nadine plötzlich nasse Füsse. Zum Glück ist die Wasserfurte nur kurz und wir schaffen es problemlos auf der anderen Seite wieder raus. Tja, auch nach der x-ten Wasserdurchfahrt innerhalb einer halben Stunde, sollte man die Wassertiefe gut abschätzen und halt nötigenfalls aussteigen und einmal durchs Wasser gehen. Das nehmen wir uns auch gleich wieder zu Herzen und so bleibt es bei diesem einen Zwischenfall. Dank diesem Ausflug entdecken wir zwar wunderschöne Lagunen zwischen den Dünen, das Meer erreichen wir aber nicht. Die noch vor uns liegenden Wasserlöcher sind einfach zu tief und wir können sie auch nicht umfahren.
Mit der Fähre setzen wir nach Rio Grande über und folgen weiter der Strasse zwischen den Lagunen und dem Meer nach Süden. Wir durchfahren einen kleinen Naturpark und beobachten von der Strasse aus Capybaras, viele Wasservögel und sogar einen Kaiman. Ganz zum Schluss gelingt es uns doch noch an den Strand zu fahren und die südlichsten 15 Kilometer der unendlich langen brasilianischen Küste direkt am Meer entlang zu düsen.
Die letzten Tage an der Küste begleitet uns zwar trockenes aber kühles Wetter, aber die ganze Zeit hängt die Nebeldecke über unseren Köpfen. Jeder Blick an den Himmel erinnert uns daran, dass es Winter ist. Ja, wir haben uns definitiv die falsche Jahreszeit für den Süden Brasiliens ausgesucht. Ihr denkt jetzt sicher: „Ja aber warum fahren die nicht einfach Richtung Norden? Da ist es doch wärmer!“ Natürlich ist das so. Brasiliens Norden bietet auch viele tolle Destinationen und würde es eigentlich verdienen, länger und intensiver bereist zu werden. Unser Abenteuer neigt sich aber langsam seinem Ende entgegen. Ende Juli werden wir unseren Rhino von Montevideo aus nach Europa zurückverschiffen. Wenn alles nach Plan läuft, werden wir selber am 8. August in der Schweiz zurück sein. Wir freuen uns auf unsere Familien, Freunde und sind gespannt, was unser Leben für uns in der Schweiz bereithält.
Zuerst gilt es nun aber, unser letztes Land auf dieser Reise zu entdecken. Auch in Uruguay erwartet uns der Winter. Trotzdem geben wir dem Land eine Chance und freuen uns auf die Erlebnisse in den nächsten Wochen. Wir werden berichten!
publiziert am 11.07.2018